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Interview mit Horia Dociu

Wir von Guildnews hatten die Ehre, ein Interview mit Horia Dociu, dem neuen Director of Art, zu führen. Er beerbt seinen Vater, der sich nach fast 14 Jahren als Director of Art bei ArenaNet nun auf die Suche nach einer neuen Herausforderung begeben hat (wir berichteten). Das Interview hat dabei unser Sputti auf Englisch geführt und wir haben euch die Fragen und Antworten auf Deutsch übersetzt.

Gleichzeitig dürfen wir einige bisher unveröffentlichte Concept Arts von Guild Wars 2 präsentieren, die ihr im Text wiederfinden könnt. Mit dabei sind unter anderem Konzepte vom neuen Löwenstein, von verschiedenen Landstrichen und eine leicht angepasste Version vom Patch „Aus den Schatten“. Wir bedanken uns bei NCSoft und hoffen, dass euch das Interview gefällt.

Sputti: Horia, du bist nun seit einigen Wochen der Guild Wars 2 Director of Art. Herzlichen Glückwunsch dazu! Was genau hast du bei ArenaNet gemacht, bevor du die Stelle bekommen hast und wie lief die Arbeit ab?

Horia: Ich habe meine Arbeit bei ArenaNet im Jahr 2003 begonnen und war damals 22 Jahre alt. Ich bin quasi mit Guild Wars groß geworden und habe bereits an Ascalon und allen Erweiterungen von GW1 gearbeitet. In der Zeit zwischen Nightfall und GW:EN ist mir aufgefallen, dass unsere Cinematics nicht so hochwertig waren, wie sie eigentlich sein könnten. Ich hab daraufhin den Bereich gewechselt und mich um Story-Boards gekümmert. Beim Übergang zu Guild Wars 2 hab ich dann auch die Rolle des Cinematic Leads eingenommen und die alten 2D Concept Art Cinematics in die Version überführt, die ihr heute kennt.

Ich habe die Zeit sehr genossen, bei der man mit jedem Bereich bei ArenaNet in Kontakt kam. Es gab Programmierer, die sich zum Beispiel um neue Tools für uns kümmern mussten, man war natürlich mit all den talentierten Artists in Kontakt und auch die Teams zu Themen wie Charakter-Design, Umgebung oder Beleuchtung waren eingebunden. Ich selbst war dabei ständig im Wechsel und hüpfte von Raum zu Raum, um alle Assets zusammenzusammeln und war zudem für die Story-Boards hinter den Cinematics zuständig. Sogar mit dem Marketing-Bereich kam man aufgrund von Logos in Kontakt. Es fühlte sich bereits damals wie Art Directing an.

Weitere vier Jahre später hatte man dann alle Bereiche gesehen und die Arbeit bestand hauptsächlich aus Bugfixes und kleineren Überarbeitungen. Da habe ich begonnen, mich nach einer Art Director Stelle umzusehen, nicht weil ich ArenaNet verlassen wollte, im Gegenteil, ich liebe die Atmosphäre hier und habe viele Freunde gefunden. Das Unternehmen wurde zu einer zweiten Familie, und teilweise war ja sogar meine echte Familie hier, schließlich war mein Vater der Art Director. Aber das war auch gleichzeitig das Problem. Ich konnte seine Stelle nicht übernehmen, er war der Erfahrenere.

Ich wechselte also zu Sony, zu einem Unternehmen mit dem Namen Sucker Punch, und arbeitete dort an dem PS4-Titel inFamous Second Son. Dies war dann mein erster Art Direction Job für vier Jahre. Dort habe ich eine Menge über neue Technologien und solche Sachen gelernt. Trotzdem war ich weiterhin von der Guild Wars Welt fasziniert und von der großen Art-Culture, die wir hier haben. Und so zog es mich zurück zu ArenaNet. Und jetzt, wo mein Vater weitergezogen ist, bin ich extrem gespannt darauf, die Rolle zu übernehmen.

Sputti: Du hast das Thema Cinematics ja bereits angesprochen. Ich habe ein Behind-The-Scenes-Video zu Guild Wars 2 mit diesem Thema gefunden. Was liegt dir denn persönlich mehr: Concept Arts oder Cinematics erstellen?

Horia: Ich denke, dass Art Directing meine wahre Berufung ist. Ich halte mich nicht für den weltbesten Zeichner, Modellierer oder ähnliches. Ich genieße all die unterschiedlichen künstlerischen Richtungen und bin in allen Bereichen gut gerüstet, aber es gibt bei ArenaNet für jeden Bereich einen echten Experten. Wenn man sich einige der Z-Brush-Konstruktionen von Kreaturen anschaut, die gehören teilweise in ein Museum, und ich komme nicht an solche Werke ran. Was ich jedoch tun kann, ist jedem Bereich zu helfen, noch besser zu werden, mich der Visionen anzunehmen oder selber noch welche zu geben. Das ist extrem belohnend und ich habe lange gebraucht, um zu begreifen, dass mir das Spaß macht und dass ich damit helfen kann.

Ich nutze auch jetzt noch Gelegenheiten, um zu zeichnen und habe zum Beispiel erst gestern am Story-Board gearbeitet. Aber ich denke, dass meine wahre Bestimmung das Koordinieren und Zusammenführen von Teams ist – sei es nun Concept Art, Modelling oder Cinematics. Es ist so ein bisschen wie eine Symphonie, ohne dabei jetzt kitschig zu klingen. Aber es klappt einfach besser, wenn alle zusammenarbeiten.

Sputti: Die Beschreibung klingt tatsächlich schön, sehr passend und harmonisch. Dein Vater, Daniel, hat viel getan, um Guild Wars 2 das Aussehen zu verleihen, das wir als Fans schätzen und lieben. Würdest und könntest du überhaupt etwas großartig an dem Stil ändern?

Horia: Das ist eine interessante Frage. Wenn man intern bei ArenaNet dabei ist, dann weiß man, dass wir immer versuchen, vorwärts zu kommen. Es ist nicht ein einfacher Drache, es ist unser Drache. Es ist immer unser Troll, nicht irgendeiner. Natürlich schauen wir uns die Basics an und überlegen dann, was bisher noch keiner daraus gemacht hat. Jede Erweiterung hatte sein eigenes Thema. Nightfall war ganz anders als Factions und Factions war wiederum anders als Prophecies.

Wir haben immer das Ziel, uns in eine neue Richtung zu bewegen und die einzige Konstante dabei ist, dass wir uns nicht wiederholen möchten, dass es besonders schön sein soll und dass wir die Spieler damit überraschen. Ich denke nicht, dass es etwas Spezielles gibt, was ich ändern müsste, sondern dass ich stattdessen unsere Ziele fortsetze.

Sputti: Ich mag genau diesen Ansatz, dass es immer etwas Neues gab und hab die verschiedenen Themen, wie das chinesisch-asiatische in Cantha und die Wüstenregionen in Nightfall, sehr gemocht. Ich bin also sehr gespannt, was uns in der kommenden Erweiterung erwartet. 

Horia: Was ich dazu noch sagen kann und was ich von meinen Vater gelernt habe in dem knappen Jahr, das wir jetzt im Übergang hatten, ist, dass es keinen Stil im klassischen Sinne bei Guild Wars gibt. Du hast wahrscheinlich schon viele Concept Arts gesehen und nur ganz selten deckt es sich eins zu eins mit dem finalen Gameplay-Produkt. Das liegt daran, dass wir den Anspruch haben, es immer weiter voranzubringen. Wenn ein Charakter designt wird, trägt jeder etwas zum Fortschritt bei. Der Model Artist fängt mit seinem Stil an und der Texture Artist gibt seinen Anstrich dazu und dann kommt der Animator und so weiter. Selbiges gilt bei den Landschaften. Alles beginnt mit einer Ideen-Saat und es ist gewollt, dass jeder sich einbringt, um sie voranzubringen.

Und genau das ist meine Aufgabe. Ich möchte nicht einschränken, sondern genau diesen Gedanken des Voranbringens weiter antreiben. Auf der anderen Seite muss ich aber auch ein bisschen darauf achten, dass es nicht zu verrückt wird und die Dinge nicht mehr zusammenpassen. Es ist wichtig, dass die Welt stimmig ist.

Sputti: Gibt es dabei denn viele Artworks und Ideen, die zu „Crazy“ sind und dann weggeworfen werden?

Horia: Nein, es geht meist nur darum, dass die Farben und das Setting passen. Als Beispiel dazu betrachten wir eine Asura und eine Charr Stadt. Alles passt zu der jeweiligen Rasse und wirkt dadurch stimmig. Würde man die Städte mischen und den Charr fliegende Objekte oder Hologramme geben, dann würde diese Stimmigkeit verschwinden. Die richtige Beschreibung ist wohl, dass die Welt konstant ist und dass sie, auch wenn es eine Fantasy-Welt ist, glaubhaft wirkt.

Sputti: Glaubhaftigkeit spielt natürlich eine wichtige Rolle. Gibt es aber trotzdem irgendeine Änderung oder Neuerung, die du gerne in Guild Wars 2 einbringen würdest? Sowohl im Bereich Gameplay, als auch im Bereich Art?

Horia: Aus der Gameplay Sicht gibt es nicht viel zu ergänzen. Ich bin glücklich mit unseren Gameplay Designern und anders als in anderen Firmen haben wir nicht eine Person, die alle Ideen vorgibt. Hier kommen Ideen aus allen Bereichen,:Gameplay, Art, Writing und auch von der Community. Manchmal lesen wir Dinge in Foren und im Reddit und denken uns: „Hey, gute Idee, was können wir daraus machen?“.

Aus der Art-Sicht halte ich an dem fest, was auch Daniel immer gesagt hat: „Nutzt immer neue Technologien, um näher an die Concept Arts zu kommen“. Auf dem Papier können wir uns immer frei austoben und alles umsetzen, aber um es dann für das Spiel zu realisieren, müssen wir auf bestimmte Dinge verzichten, zu Gunsten von Performance, Nutzerfreundlichkeit und anderen Dingen. Ich würde gerne alle Bauten und anderen Dinge nutzen… Sie nicht nur als Fassaden dastehen lassen, sondern sie auch von Innen mit Leben füllen. Daran arbeiten wir und Fortschritte kann man immer erkennen, bei jedem Addon in Guild Wars, aber auch in Guild Wars 2. Mit Heart of Thorns wurde den Karten eine Vertikalität verliehen, von der wir in GW1 nicht mal geträumt haben.

Sputti: Oh ja. Gerade Guild Wars Factions mit den vielen chinesischen Gebäuden ist da eine Besonderheit. Ich glaube, jeder von uns hätte diese gerne betreten und erkundet.

Horia: Bestimmt! Aber es würde Jahre dauern, nur eine Stadt mit solchen betretbaren Gebäuden zu entwickeln. Aber auch wir möchten solche Dinge erleben und es ist unser Ziel, dass wir so nah wie möglich an die Concept Arts herankommen.

Sputti: Wo wir gerade bereits über das Ziel ’so nah wie möglich an die Concept Arts herankommen‘ sprechen. Es gibt ein schönes Video mit Logan, in dem dem Artwork Leben eingehaucht wurde. Wie schwer ist es, ein solches Werk zu animieren?

Horia: Das ist tatsächlich sehr schwierig. Wir haben eine ähnliche Technik wie beim Film verwendet, wo die Darsteller vor dem Greenscreen stehen und die Bewegungen mit Hilfe von Sensoren eingefangen werden. Das Logan-Artwork von Kekai Kotaki war natürlich nie dazu gedacht, sich zu bewegen, aber wir fanden die Idee großartig und haben Logan animiert. Kekai hat begonnen, die Arme, Beine, Haare und anderen Teile auszuschneiden und sie einzeln vor dem Hintergrund zusammenzusetzen, damit man diesen auch ansieht, wenn Bewegung stattfindet.

Bei den Cinematics arbeiten wir direkt mit der Idee, beginnen alles auf unterschiedlichen Layern zu sammeln und einzeln zusammenzubauen. Wenn die Animatoren dann die Werke bekommen, ist es viel einfacher damit zu arbeiten und Schatten und andere Dinge zu platzieren. Wir haben ein wirklich sehr talentiertes Team hier und es wird niemals langweilig Concept Arts und andere Dinge an die große Leinwand zu werfen und später zu sehen, wie das Werk animiert aussieht.

Sputti: Gibt es da ein besonders Artwork mit einer interessanten oder spannenden Geschichte?

Horia: Während der Zeit, in der wir die Cinematics zu Guild Wars 2 erstellt haben, haben viele Studios damit begonnen, Shooter zu veröffentlichen. Wir näherten uns so langsam dem ersten April an und ich wollte etwas in dieser Richtung machen.

Sputti: Und dann kam der Kommander!

Horia: Genau! Und jeden Tag nach der Arbeit bin ich dann zu einer anderen Person gegangen und hab sie um etwas gebeten. „Hey Richard, du hast so schöne Wallpaper gemacht. Könntest du auch eins zu diesem Swatting-Guy anfertigen?“, oder auch „Hey Kekai, du machst doch schöne Charaktere, könntest du das für mich anfertigen?“. Und so hab ich dann auch Modeller gefunden, wurde selber in den Anzug für Motion-Capture gesteckt und habe den Kommander umgesetzt. Jeder von uns hat nach der Arbeit oder in den Pausen daran gearbeitet und passend zum April-Scherz hatten wir dann eine Webseite, Konzepte und Videos für die Klasse parat.

Ich wusste genau, welche Wege ich gehen musste und es hat so viel Spaß gemacht. Es war eine der besten Arbeiten bei ArenaNet, weil es auch gezeigt hat, wie sehr die Mitarbeiter hier das Spiel lieben und teilweise auch leben. Niemanden hier hat es gestört, seine Pause zu opfern oder etwas länger auf der Arbeit zu bleiben, um dieses Projekt, dass den Fans auch sehr gefallen hat, umzusetzen.

Sputti: Der Scherz war tatsächlich großartig und auch ich habe ihn geliebt!

Horia: Auch weil es so random war, oder? Das Guild Wars 1 Team fand das Konzept so gelungen, dass sie es sogar im Spiel umgesetzt haben. Das war tatsächlich nicht mehr meine Idee, aber es war sehr gelungen.

Sputti: Was wären denn deine Wünsche für die Zukunft von Guild Wars 2?

Horia: Ich würde mir wünschen, dass wir weiterhin so gut zusammenarbeiten und dass wir unsere Standards weiterhin hochhalten können. Jeder hier ist daran interessiert. Jeden Tag hab ich Mails von Mike O’Brien und anderen Leuten in meinem Postfach und jeder probiert dabei sehr ins Detail zu gehen. Wenn wir das so beibehalten und mit Spaß bei der Sache bleiben, dann wird auch das Produkt am Ende uns und auch die Fans zufriedenstellen. Jeder hier, egal ob Programmer oder Designer, möchte sich verbessern, möchte das Spiel verbessern und genau das ist es, was so wichtig ist und was dazu führt, dass man sich hier wie in einer Familie fühlt.

Sputti: Eine letzte Frage noch. Was für künstlerische Aktivitäten verfolgst du außerhalb von Guild Wars 2, zum Beispiel in der Freizeit?

Horia: Die Wahrheit ist, dass ich nicht so viel Freizeit habe, auch dank unseres Babys. Das mag jetzt zwar nicht so besonders klingen, aber es sind die Kleinigkeiten, in denen ich mich gerne verwirkliche. Zum Beispiel wenn meine Mutter Geburtstag hat, male ich gerne kleine und lustige Karten. Die nehmen zwar meist nicht mehr als eine Stunde in Anspruch, aber da ich meine Familie kenne und weiß, womit ich sie zum Lachen oder Weinen bringe, sind dies die einfachsten, aber schönsten Arten von Kunst. Man malt eine Kleinigkeit, zeigt es jemanden und bekommt sofort eine emotionale Reaktion.

Wenn man an einem großen Spiel arbeitet – wir sind immerhin inzwischen fast 400 Leute bei ArenaNet – darf man nicht vergessen, dass wir am Ende vor allem dafür arbeiten, um bei den Spielern ein Lächeln oder eine andere Emotion zu erzeugen. Und diese kleinen Momente mit der Familie erinnern einen immer wieder daran.

Sputti: Danke für deine Zeit und für das Interview, Horia!

Sputti

Alexander Leitsch war früher mal unser Chef. Inzwischen geht er dem Journalismus nichtmehr hier, sondern hauptberuflich nach. Ingame erreicht man ihn unter dem Accountnamen: Sputti.8214

6 Kommentare

  1. Sputti: Ich mag genau diesen Ansatz, dass es immer etwas Neues gab und hab die verschiedenen Themen, wie das chinesisch-asiatische in Cantha und die Wüstenregionen in Nightfall, sehr gemocht. Ich bin also sehr gespannt, was uns in der kommenden Erweiterung erwartet. 

    Leider konntest du mit dieser Scheinaussage (eigentlich war es ja eine Frage^^) nichts aus ihm raus kitzeln…. Aber ein sehr schönes Interview, danke!

  2. Ich finde das Interview auch gut und wundere mich, dass es nicht mehr angeklickt wird.

    Apropos anklicken, ist es Absicht, dass die nur die ersten drei Bilder anklickbar sind und die andern drei nicht?

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