Kein Druck, kein Erfolgsgefühl
Lange habe ich über ihn geflucht; oft habe ich ihn verwunschen: der temporäre Content. Doch was mich ab und an in den Wahnsinn getrieben hat, dass vermisse ich jetzt immer mehr. Denn der Zeitdruck, den dieser auf mich ausgeübt hat, hat mich im Spiel gehalten.
Endlich neuer Content
Alles begann im Oktober 2012 – genauer gesagt mit dem ersten großen Update nach dem Release von Guild Wars 2: Im Schatten des Verrückten Königs. Zu dieser Zeit war ich grade frisch nach Köln in ein Studentenwohnheim gezogen, welches allerdings kein Internet hatte. Ich wusste, dass das Event nur temporär stattfand und versuchte so krampfhaft, möglichst viele Erfolge abzuschließen, um zumindest den Titel „Gesandter des Verrückten Königs“ freizuschalten. Dies ging sogar soweit, dass ich mich mit meinem Laptop und meinem Handy, welches ich als mobilen Hotspot benutzte, auf die Fensterbank setzte und mich mit einem höllischen Ping und Verbindungsabbrüchen einloggte.
Long story short: Ich habe den Erfolg natürlich nicht erreicht. Ich habe keine seltenen Skins abgegriffen. Ich war nicht dabei. Und trotzdem finde ich es rückblickend nicht schlimm.
Obwohl der Schatten des Verrückten Königs kein Update der Lebendigen Welt war, welche für mich erst mit Flamme und Frost begann, wird hier bereits deutlich, welchen „Willen“ ein zeitlich begrenztes Event schaffen kann.
Die Lebendige Welt beginnt zu leben
Ende Januar 2013 gab es dann einen merkwürdigen Patch für die Bewohner von Tyria, dessen Bedeutung damals wohl noch niemand verstanden hat: Schaufler und Flammenlegion verbünden sich und Flüchtlinge fliehen nach Löwenstein. Und wir? Wir stellen Wegweiser auf. Und sammeln verlorene Gegenstände. Und das alles unter Zeitdruck. Dieser war damals zugegebenermaßen noch nicht so stark wie später: Insgesamt 4 Monate lang dauerte diese Episode der Lebendigen Welt und die einzelnen Updates lagen einen ganzen Monat auseinander. Allerdings gab es wieder seltene Skins, Minipets und 2 Titel, mit denen aktive Spieler belohnt wurden.
Man darf natürlich auch nicht die andere Seite vergessen: Viele heute aktive Spieler spielten zur damaligen Zeit noch nicht und haben dadurch diese Belohnungen verpasst. Die Fabrik der Molten-Alliance kann man heute jedoch in abgewandelter Form wieder betreten. Und auch Wachende-Rüstungen und -Waffen können wieder günstig hergestellt werden.
Der Aufstieg des Metas
Super Adventure Box. Drei Wörter, die nicht nur für ein Spiel im Spiel stehen. Denn mit dem Erscheinen der SAB am 1.April 2013 gab es neben der zeitlichen Frist der Updates auch erstmal ein Meta-Achievement, das Spieler belohnte, welche die meisten der möglichen Herausforderungen abgeschlossen haben. Ob diese Belohnung nun aus einem Titel bestand, einem Gegenstand oder beidem war eigentlich egal. Wichtig war, dass man für diese den Patch aktiv spielen musste.
Auch in den nachfolgenden Teilen der Lebendigen Welt oder den zwischenzeitlichen Feiertagsevents gab es den Zeitdruck verbunden mit bestimmten Belohnungen. Zugegeben: Manche Belohnungen gab es nur als zufälligen Drop in Dungeons oder von Gegnern, die nur während dieser Zeit verfügbar waren. Die besten Beispiele hierfür sind wohl der Ätherklingendungeon in Löwenstein, der Turm der Alpträume oder die Fabrik der Molten-Alliance.
Diese Gegenstände und Titel sind durch ihre Seltenheit etwas Besonderes: Entweder hat der Spieler viel Geld und konnte diese kaufen, oder er hatte das Glück auf seiner Seite; war dabei, als andere sich noch nicht für das Spiel interessiert haben.
Der Druck fehlt
Zuerst: Ich finde es gut, dass Spieler die Möglichkeit bekommen, auch nachträglich die Lebendige Welt zu erleben, einfach weil die Story immer besser wird. Doch kann mich eine Story von vllt. drei Stunden alle 14 Tage aktiv im Spiel halten? Die Antwort: Nein. „Aber du kannst doch die Erfolge machen!“, mögen viele jetzt sagen. Und dem stimme ich zu. Nur bleibt die Frage: Wieso? Wieso jetzt? Was bringt es mir?
Die Belohnungen sprechen mich nicht an und sind mir zu gering, damit ich eine Storyinstanz mindestens 2x wiederhole, um diese abzuschließen. Ganz zu schweigen von eventuellen Fehlern, die einen Erfolg verhindern könnten.
Geoden, Ambrit und Kakteen kann ich mir auch in der Trockenkuppe besorgen, wenn ich denn will, aber auch hier frage ich mich wieder: Wieso? Zwar gibt es mit dem Rankenkeimling wieder einen Gegenstand, der seinen Ursprung in der Living World findet, aber auch diesen könnte man sich noch in 3 Jahren besorgen.
Aktuell habe ich von den ganzen Chronik-Erfolgen aller vier Episoden einen abgeschlossen. Von den Gebietserfolgen der Trockenkuppe habe ich zumindest von der ersten Episode schon ein paar erledigt. Aber die von ArenaNet versprochenen „angemessenen“ Belohnungen, die mich motivieren sollen, diese Erfolge zu machen, habe ich bisher noch nicht gesehen.
Es mag Meckern auf hohem Niveau sein, bei einem Spiel, welches mich regelmäßig mit neuen Inhalten versorgt, aber ich fand das alte Modell besser. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich mich nicht aufregen würde, sollte ich ein Update mit seiner Story, seinen Belohnungen und seinen Aktivitäten verpassen – aus welchem Grund auch immer. Aktuell wird aktives Spielen der Living World nicht belohnt. Denn wenn man alles zu jeder Zeit bekommen kann, was macht dann den Reiz aus, es zu besitzen?