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Dolyak Express: Antworten zur Arbeit in der Spielebranche

Es hat etwas länger gedauert, aber nun sind die Antworten zum letzten Dolyak-Express im Forum verfügbar. Es ging um die Arbeit in der Spielebranche. Da es wie immer eine Menge an Fragen gab, wurde wieder eine Auswahl aus den interessantesten Fragen gemacht. So wurden Fragen bezüglich Bewerbungen in der Branche, den Tools, die ArenaNet bei der Enwicklung nutzen und dem Alltag eines Entwicklers gestellt.

Wir haben wie immer für euch die Fragen und die dazu passenden Antworten hier.

F: Ihr habt einmal den sich wiederholenden Charakter der der Spielentwicklung angesprochen. Verfolgt ihr noch immer diesen Ansatz – gerade in Anbetracht der zeitlichen Beschränkungen, die mit einem zweiwöchigen Veröffentlichungsrhytmus einhergehen?

Braeden Shosa: Jep. Man darf dabei nicht vergessen, dass an Updates der Lebendigen Welt schon Monate vor deren zweiwöchentlicher Veröffentlichung gearbeitet wird. Bis eines dieser Updates vom Stapel läuft, haben wir es schon hoch- und runtergespielt, um den Spielspaß zu garantieren und es für den Release stabil zu machen.

F: Wie schaut der Alltag eines Entwicklers bei ArenaNet aus?

Braeden:

  • Erst mal gehe ich zehn Treppen hoch, um aufzuwachen.
  • Um so richtig wach zu werden, hole ich mir noch Kaffee und Müsli.
  • Als Nächstes schaue ich, wo es gerade richtig brennt, wie bei Abstürzen oder dringenden E-Mails.
  • Dann beantworte ich noch offene E-Mails vom Vortag.
  • Und schließlich mache ich da weiter, wo ich gestern mit dem Programmieren aufgehört habe.
  • Als Programmierer arbeite ich für gewöhnlich an Langzeitprojekten und erledige kurzfristigen Aufgaben, die nebenbei anfallen.
  • Ich teste die von mir gemachten Änderungen auf meinem Rechner, checke sie bei Perforce ein und erstelle einen Build, damit meine Kollegen und unsere Alpha-Tester damit beginnen können, meinen Code zu nutzen.
  • Ab und zu prüfe ich den Code meiner Kollegen (um die Qualität unseres Codes sicherzustellen, kontrollieren wir gegenseitig unsere Arbeit).
  • Dann beginnt der Spaß von vorne – nur, dass das Frühstück durch Mittagessen und das Treppensteigen durch das Rausgehen ersetzt wird. Nicht zu vergessen die Gespräche mit anderen Teams, um deren Fortschritt zu besprechen.
  • Ganz zu schweigen von den Meetings, die gelegentlich anstehen und die wir dazu nutzen, die technischen Anforderungen künftiger Projekte festzulegen.

F: Wie bewertet ihr die Arbeit bei ArenaNet im Vergleich zu anderen Firmen, bei denen ihr vorher gearbeitet habt?

Braeden: Die Arbeit bei ArenaNet ist um Welten besser als bei Domino’s. Jetzt mal ernsthaft: Diese ist meine erste Stelle in dieser Branche und nun bin ich schon zehn Jahre hier. Ich kann ArenaNet also nicht aus meiner eigenen Erfahrung heraus für euch mit anderen Studios vergleichen, aber vom Hörensagen her ist die Arbeit vergleichsweise schon echt toll.

Dave Beetlestone: Die Tatsache, dass ich schon seit mehr als 10 Jahren für ArenaNet arbeite, spricht wohl Bände darüber, wie ich die Arbeit hier im Vergleich zu früheren Firmen finde. Ich arbeite schon 20 Jahre in dieser Branche und habe in dieser Zeit in 5 verschiedenen Studios gearbeitet. Jede Firma hatte sicherlich ihre eigenen Stärken, aber wenn ich sie mit ArenaNet vergleiche … kommen sie nicht einmal nahe ran.

F: Folgt ihr strikt einer Pipeline für die Software-Entwicklung, um effizienter zu arbeiten? Es handelt sich dabei zwar nur um Organisationsmethoden, aber es wäre spannend zu hören, ob und, wenn ja, wie sie für den Release-Zeitplan der Lebendigen Geschichte verwendet werden.

Braeden: Wir arbeiten je nach Team und Projekt mit verschiedenen agilen Software-Entwicklungstechniken. Ein einheitlicher Ansatz für alles und jeden kommt hier also nicht zum Tragen. Beispielsweise arbeiten viele Teams nicht nach einem festen Zeitrahmen so wie die Teams der Lebendigen Welt, daher folgen sie ihren eigenen Entwicklungsansätzen. Kristen Bornemann, Development Director von GW2, hat erst kürzlich bei der GDC einen großartigen Vortrag genau dazu gehalten, falls euch das Thema interessiert.

F: Wie kompliziert sind die zur Entwicklung von Guild Wars 2 verwendeten Programme verglichen mit Guild Wars 1 oder anderen Spielen?

Braeden: Als Entwickler arbeite ich hauptsächlich mit Microsoft Visual Studio 2012, einer branchenweit und insbesondere für die Programmierung von Windows-Spielen genutzten integrierten Entwicklungsumgebung. Es handelt sich dabei um ein vielseitiges Tool zum Schreiben von Code und zum Debuggen, aber ich halte es nicht für kompliziert, da die Benutzeroberfläche glücklicherweise nicht überladen ist. Falls ihr Lust habt, könnt ihr ja mal kostenlos Visual Studio Express ausprobieren.

F: Welche eigens von ArenaNet entwickelten Programme verwendet ihr und wofür?

Braeden: Wir haben etliche Inhouse-Tools. Wir entwickeln den lieben langen Tag nur Inhouse-Tools! Zu den größeren Programmen zählen Duo, ein Autorenwerkzeug, mit dem wir alles machen, was ihr bei GW2 spielt, und MapEdit, ein toller Umgebungseditor, mit dem wir die wunderschönen Karten erschaffen, auf denen ihr dann später herumspringt. Des Weiteren arbeiten wir mit ViewModel, mit dem wir uns vor der Implementierung ins Spiel die Modelle anschauen können, nachdem sie von Maya exportiert wurden. Es gibt auch Tools, die innerhalb anderer Programme verwendet werden, so wie unsere Plugins für Maya. Aber wir nutzen auch zig kleinere Tools, von denen ihr nie etwas hören werdet, die aber dennoch wichtig sind, z. B. bei der Build-Erstellung. In dieser GDC-Präsentation von ArenaNet könnt ihr einen Blick auf weitere unserer Programme werden.

F: Entsteht so manche brillante Idee eigentlich bei einem Feierabendbierchen mit Kollegen?

Susan Thayer: Klar, außer, dass wir meistens Whisky und nur dann und wann Bier trinken.

F: Ich lebe an der Ostküste der USA und bin etwas misstrauisch, wenn es darum geht, sich für einen Arbeitsplatz an der Westküste zu bewerben. Das liegt vor allem daran, zu einem persönlichen Gespräch eingeladen zu werden. Deshalb will ich wissen, ob ArenaNet, oder andere in dieser Branche, Bewerbungsgespräche via Skype durchführen? Oder muss der Bewerber in den sauren Apfel beißen und einen Flug zu euch bezahlen?

Thomas Abrams: Wir haben ständig Bewerbungsgespräche via Skype. Das ist der normale Ablauf für Bewerber, die in anderen Staaten wohnen. Außerdem bezahlen wir den Flug für die Bewerber nach dem Skype-Gespräch. Wir würden niemals von den Bewerbern erwarten, ihren eigenen Flug zu bezahlen, wenn wir sie zu einem Gespräch einladen.

F: Was für einen Werdegang haben die meisten Programmierer bei ArenaNet?

Thomas: Wir haben Programmierer mit den verschiedensten Werdegängen. Wir suchen einfach immer nach talentierten Programmierern. Ihr müsst vorher nicht für einen Spieleentwickler gearbeitet haben, damit wir euch einstellen. Haltet einfach ein paar Beispielcodes bereit, die eure Fähigkeiten als Programmierer gut repräsentieren. Potenzielle Arbeitgeber werden danach fragen, aber stellt immer sicher, dass es eure beste derzeitige Arbeit ist!

F: Ich habe gehört, dass es ziemlich schwer sein soll, in der Spieleindustrie Fuß zu fassen, wenn man kein Netzwerk zu anderen Leuten in dieser Branche hat. Habt ihr irgendwelche Vorschläge, wie man Verbindungen knüpft und verschiedene Leute in dieser Branche kennenlernt?

Thomas: LinkedIn ist ein gutes Instrument, um Kontakte zu knüpfen. Es ist euer kompletter Lebenslauf und eine Möglichkeit für Leute, sich mit euch kurzzuschließen und ein Netzwerk aufzubauen. Es gibt jede Menge „Meet Ups“ für diese Branche und ihr könnt an solch einem Treffen in eurer Nähe teilnehmen. GDC ist eines der größten Networking-Events an dem man teilnehmen kann. Geht auf jeden Fall raus in die Welt und knüpft Kontakte.

F: Wonach genau schaut ihr in den Portfolios der Künstler bezüglich Art und Umfang?

Thomas: Ich bitte die Bewerber, immer 5 Studios zu nennen, in denen sie am liebsten arbeiten würden. Euer Portfolio sollte dann deren Konzept oder Charakter- und Animationstil widerspiegeln. Die Projektleiter möchten in eurer Arbeit etwas sehen, das mit unserer in Verbindung steht. Das heißt nicht, dass ihr unsere Arbeit kopieren solltet. Ich sage nur der Stil sollte ähnlich sein. Aber stellt auch sicher, dass ihr eure besten Arbeiten für das Portfolio verwendet. Zeigt es erst euren Freunden und Bekannten, bevor ihr es der Öffentlichkeit präsentiert. Es ist nicht leicht, in die Spieleindustrie einzusteigen. Das gilt vor allem für den künstlerischen Teil der Branche. Deshalb ist es wichtig, dass die Arbeit, die ihr zukünftigen Arbeitgebern vorlegt, immer eure beste ist und zu ihrem Stil passt.

F: Wie ist es so als In-House-Angestellter und nicht als Freelancer in der Spieleindustrie zu arbeiten?

Dave: Ich habe nur wenig Auftragsarbeit in dieser Branche gemacht, aber für meinen Geschmack kommt es nicht entfernt an das Arbeiten als In-House-Mitarbeiter und festes Mitglied eines Entwicklerteams heran. Diese kreative Zusammenarbeit, die den ganzen Tag stattfindet, und dieses Gefühl etwas geschafft zu haben, wenn all die harte Arbeit es endlich zu den Spielern schafft, ist etwas, was sich nur schwer beschreiben lässt, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Auftragsarbeit wird in der Regel besser bezahlt, aber es kann trotzdem nicht mit dem Gefühl mithalten, ein vollwertiges Mitglied eines Teams zu sein.

F: Wie verläuft die Lernkurve beim Einarbeiten in eine In-House-Software, wenn jemand schon erweiterte Kenntnisse in Zbrush und Mudbox, Maya, AfterEffects, Photoshop und anderen kleineren 3D-Design-Tools wie nDo2, UVLayout und WorldMachine hat? Und wie lange dauert es in der Regel, bis ein neuer Angestellter eure Software beherrscht?

Dave: Wir erwarten von den Künstlern, dass sie erweiterte Kenntnisse für viele der Standard-Tools (Max, Maya, Photoshop, Zbrush etc.) mitbringen, denn es verschafft ihnen mit Sicherheit einen guten Start. Wir habe natürlich auch ein paar sehr leistungsstarke eigene Tools, die in der gesamten künstlerischen Abteilung auf verschiedene Weise zum Einsatz kommen und verschieden viel Einarbeitungszeit benötigen. Die Künstler, die Charaktere und Kreaturen erschaffen, nutzen sehr spezifisches Material und Methoden, die sich deutlich von den Standardarbeitsabläufen des Umgebungsteams unterscheiden. Da wir auch alle für die Bildrate insgesamt verantwortlich sind, müssen wir auch Modelle erstellen und die Tools vielfältig einsetzen. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass unser Tool für die Weltgestaltung die meiste Einarbeitungszeit benötigt. Unser Karteneditor ist ungefähr so komplex wie jedes der Standard-Tools auf dem Markt. Und obwohl man damit sehr intuitiv Umgebungen erschaffen kann, ist leicht zu erlernen, aber schwer zu meistern. Ein Künstler ist vielleicht dazu in der Lage in ein paar Wochen etwas zu erschaffen, das ganz gut aussieht, aber um etwas wundervolles zu kreieren, würde es schon wenigstens 6 Monate dauern, bis er die ganzen Feineinstellung raus hätte.

F: Da Concept-Art scheinbar überwiegend am Computer erstellt werden: Wird davon abgeraten, traditionelle Medien zu verwenden oder ist es einfach eine Entscheidung der Künstler?

Dave: Auch wenn ich kein Concept-Artist bin, kann ich doch mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass wir niemandem davon „abraten“ traditionellen Medien zu verwenden. Ich beobachte, wie fast das gesamte Concept-Art-Team jeden Donnerstag loszieht, um einen Kurs im Aktzeichnen zu besuchen. Ich sehe auch Skizzenblöcke, Papierstapel und Whiteboard-Skizzen überall im Büro. Viele dieser Skizzen werden eingescannt und auf die eine oder andere Art digital weiterverwendet.

F: Wie schwer ist es für einen Autor in die Spieleindustrie einzusteigen? Was ist der beste Weg – wenn es einen gibt – das anzustellen? Worauf muss man sich konzentrieren, um den Lebenslauf zu verbessern?

Bobby Stein: Dieses Thema ist (wie all die „Einsteiger-Themen“) viel zu komplex für ein Forum, aber ich fasse es einmal zusammen. Es ist schwer als Autor für Spiele einzusteigen, da es für diesen Beruf keinen klaren Werdegang gibt. Nur wenige Firmen beschäftigen Autoren in Vollzeit, obwohl sich dies langsam ändert. Konzentriert euch darauf, ein solides Portfolio mit Drehbüchern, Kurzgeschichten, Entwürfen und Spielerzählungen zusammenzustellen. Wenn ihr euren Ideen in einem Mod oder Indie-Game Leben einhauchen könnt, dann umso besser. Natürlich kann es helfen, einen Fuß in die Tür zu bekommen, wenn man Erfahrung in Fernsehen, Film oder Printmedien hat (vor allem, wenn ihr eine Leidenschaft und tiefes Verständnis für dieses Medium habt).

F: Habt ihr ein paar Vorschläge für Autoren, die gerne in diese Branche einsteigen wollen? Wie stellt man es am besten an? Was würde sich gut in einer Bewerbung oder im Portfolio machen? Wie schwer ist es, es zu schaffen?

Bobby: Schreibt viel. Stellt ein Portfolio zusammen. Veröffentlicht online oder gedruckt oder macht ein Mod bzw. Indie-Game, das nicht nur eure guten Ideen veranschaulicht, sondern auch zeigt, wie gut diese in einer Spielwelt funktionieren.

Wenn ihr mich auf einer Convention erwischt, bespreche ich das gern im Detail mit euch.

AdvanceCorporal

Vance, 24 Jahre jung. Leitet Gildenmissionen, schleicht sich in Videos, wird aber auch auf der Seite gesichtet. Außerdem im Podcast und wäre gerne Imker.

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