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Entwickler-Tracker: Das Einmaleins der Kochrezepte

Es tauchen immer wieder mal interessante Geschichten über den Entwicklungsprozess von Guild Wars 2 auf. Diesmal fragten sich einige Fans, wie die vielen Kochrezepte des ingame Berufs wohl entstanden sind.

Synchronsprecherin Jennifer Hale (Königin Jennah) beim kochen

Das Einmaleins der Kochrezepte

Mit dem Beruf des Chefkochs kann man so manches verrücktes Zeug zusammen brauchen. Aber manches auch nicht. Man kann z.B keine Quaggan, Skritt oder Hylek essen. Teile von Choya verkocht man aber schon.

Was waren die Gedanken hinter all dem? Ist alles völlig wirr, oder hat sich da tatsächlich jemand was dabei gedacht? Diese Frage kann man nun beantworten. Denn genau das wurde nun gründlich aufgeklärt.

Foren-Beitrag

Hallo zusammen! Lead Designerin Linsey Murdock hat eine Antwort auf einen Beitrag im englischsprachigen Forum verfasst, in dem gefragt wurde, wie wir die Kochrezepte erstellt haben. Ich dachte mir, dass euch der Beitrag auch gefallen könnte, daher habe ich ihn in Zusammenarbeit mit unserem Lokalisierungsteam für euch bereitgestellt.

Von Linsey:

Ich habe alle Kochrezepte für den Launch persönlich entwickelt. Es gibt ein paar Prinzipien, die ich berücksichtigt habe, und eine Vorgehensweise, an die ich mich gehalten habe. Einige dieser Prinzipien haben sich durch die gesamte Entwicklung des Kochens seit der Einführung dieses Features fortgesetzt.

REGEL NUMMER EINS
Wir verspeisen keine empfindungsfähigen Lebewesen Tyrias. In keinem der Rezepte kommen Charr-Steaks, Grawl-Koteletts, Hylek-Schenkel, Zentauren-Lenden, Harpyien-Flügel, Tengu-Keulen oder Quaggan-Speck vor. Es mag zwar Gerichte geben, die nach einer Kreatur benannt sind, wie den Ettin-Eintopf, doch der wird nicht aus Ettin hergestellt. Ein scharfsichtiger Mensch könnte nun anmerken: „Entschuldigt bitte, was ist mit Choya-Stacheln?“ Tja, das verhält sich folgendermaßen: Choya waren ursprünglich keine empfindungsfähigen Lebewesen und das Team für Belohnungen plante, sie ziemlich ausgiebig in Kochrezepten für Path of Fire zu verwenden. Kaktus ist ein gutes Nahrungsmittel, doch dann fanden wir heraus, dass die Choya Dörfer ihr Eigen nannten und im Kreis tanzten. Für mich deutete das auf eine Gesellschaft. Somit waren Choya als Nahrung aus dem Rennen. Allerdings war die Nahrung bereits entwickelt und in der Wirtschaftsbilanz berücksichtigt worden und wir hatten keine Zeit, die ganze Arbeit noch einmal zu machen. Wir nannten die Zutaten daher in „Choya-Stacheln“ um. Das sind die Nadeln, die die Choya abwerfen. Wir beschlossen, dass das in Ordnung ist, weil wir festlegten, dass die Ernte dieser Stacheln den Choya nicht schadet. Choya-Stacheln sind wie Fingernägel. Sie wachsen nach. Das ist ein wenig fadenscheinig, doch wir können nachts ruhig schlafen.

REGEL NUMMER ZWEI
Kein ekliges Essen. Kein Eintopf mit mysteriösem Monsterfleisch. Idealerweise sollten es alles echte Rezepte sein, die auf ihre vereinfachte tyrianische Entsprechung herunterdestilliert wurden. Es gab bereits einige Ausnahmen von dieser Regel, die sich an mir vorbeigeschlichen haben. Ich bin nur eine Person. Ich war nicht in der Lage, die Flut von Candy-Corn-Plätzchen aufzuhalten.

REGEL NUMMER DREI
Einweg-Basiszutaten sind möglichst zu vermeiden. Ich habe wirklich versucht, darauf zu achten, dass ein bestimmtes Gemüse, Liebsche oder dergleichen, das ich im Spiel einführen will, in mehreren Rezepten Verwendung findet.

REGEL NUMMER VIER
Ausgedachte Zutaten gilt es zu vermeiden. Ich traf die grundsätzliche Entscheidung, Gemüse, Obst und Kräuter aus der realen Welt zu verwenden, ohne sie in tyrianische Versionen umzubenennen. Das tat ich, weil ich das Wissen der Spieler über Essen in der realen Welt nutzen wollte, um ihnen zu zeigen, wie man in GW2 Nahrung herstellt. Auch hier haben sich ein paar Ausnahmen an mir vorbeigeschlichen, wie zum Beispiel Winterbeeren, und eine Ausnahme habe ich mir persönlich geleistet, weil ich sie witzig fand: die Omnombeeren. Interessanter Fakt am Rande: Das Symbol für Omnombeeren sieht aus wie eine Mangostan, eine tropische Frucht, die ich auf einer Reise nach Hawaii einmal probieren konnte.

Das waren die Regeln. Jetzt erkläre ich die Vorgehensweise.

Jedes einzelne Rezept im Launch-Spiel basiert auf einem echten Rezept. Ihr könnt die Gerichte zu Hause zubereiten. Auch hier wollte ich den Spielern die Möglichkeit geben, sich auf Kochwissen aus der realen Welt zu verlassen, um Kochrezepte zu entdecken. Zugegeben, die Kochrezepte des Launch-Spiels sind größtenteils nach meinem persönlichen Geschmack. Es sind viele Rezepte dabei, die zu meinen Favoriten, den Favoriten von Freunden oder Angehörigen oder zu Klassikern der westlichen Küche zählen. Es ist sogar mehr als ein Familienrezept dabei. Ich wollte zudem, dass es eine Menge einfacher, offensichtlicher Rezepte gibt. Zum Beispiel sollten Fleisch und Brot einen Burger ergeben. Wenn man Käse hinzufügt, erhält man einen Cheeseburger. Für die weniger offensichtlichen Rezepte habe ich die gleiche Vorgehensweise angewendet, an die ich mich halte, wenn ich ein Rezept kochen möchte, das ich noch nie zuvor gemacht habe. Ich suche im Internet nach mindestens einem Dutzend Versionen des Rezepts, das mir vorschwebt, und ermittle ihre gemeinsamen Kernelemente. Wenn Hobbyköche irgendeine seltsame, ausgefallene Zutat in ein ganz normales Rezept einbauen, die ihre Version einzigartig macht, habe ich solche Dinge nicht aufgenommen. Wenn zehn von zwölf Rezepten Zitronensaft verwenden, aber eines Essig und eines nur Limette, dann nehme ich Zitronensaft. Das sind die gemeinsamen Nenner.

Das war‘s dann auch schon. Es gab noch ein paar andere Verrücktheiten, wie zum Beispiel, dass bestimmte Arten von Stärkungen mit bestimmten Arten von Nahrung zusammenhängen. Zum Beispiel gewähren Kuchen Heilung, würzige Speisen stehen in Zusammenhang mit Zuständen und Magisches Gespür findet sich in anderen Süßspeisen. Das ist für die Frage weniger von Bedeutung, und wichtiger noch, ist es keine Regel, denn sobald ein Haufen anderer Designer anfingen, Rezepte zu erstellen, fiel mein Wahnsinn auseinander. Es gibt daher nicht mehr so klare Abgrenzungen, welche Stärkungen auf welche Arten von Nahrung entfallen.

DarxMaster

Darx (since 1989), ist ein Zocker, seit er weiß wie ein Einschaltknopf funktioniert und mit Nightfall rückte das Guild Wars-Franchise in das Zentrum seines digitalen Daseins. Seit 2015 als Redakteur bei GuildNews übernahm er offenbar Anfang 2020 die Leitung der Seite. Verrückte Welt! (in game: DarxMaster.3819)

Ein Kommentar

  1. Für mich als ambitionierter Hobbykoch ein sehr schöner Artikel; auch wenn ich Regel Nummer Eins schade finde:

    So erklärt z.B. Anthropologe Marvin Harris das Nachungsmittel-Tabu bei Insekten „Ob eine Tierart zur Gottheit gemacht oder verabscheut wird, hängt davon ab, ob sie sonst noch einen Nutzen hat oder nur schädlich ist. […] Ein Schwein, das nicht gegessen wird, ist nutzlos […] Deshalb wird es verabscheut. Insekten, die nicht gegessen werden, sind schlimmer als Schweine […] Sie verschlingen nicht nur die Frucht auf den Feldern, sie fressen uns auch das Essen vor der Nase vom Teller weg, beißen uns, stechen uns, verursachen uns Juckreiz und trinken unser Blut. […] Sie sind durch und durch schädlich und haben nicht den geringsten Nutzen. […] Da wir sie ja nicht essen, steht es uns frei, sie mit dem Inbegriff des Bösen zu identifizieren […] und Sinnbilder des Schmutzes, des Angsterregenden, des Verhaßten aus ihnen zu machen.“ (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Nahrungstabu#Insekten )

    Dementsprechend könnte der Ruf von Quaggans u.U. dadurch verbessert werden, indem man ihnen eine wichtige Funktion in Tyria zukommen ließe z.B. Proviant 😉

    Ok, das ist natürlich nicht ganz ernstgemeint (bevor sich jetzt jemand darüber entrüstet dass ich einen Kategorienfehler mache und Quaggan sehr wohl Moralische Subjekte im Sinne von Locke -> Kant -> Rawls seien; wobei natürlich auch eine Interessante Frage ist, ob man rein fiktiven Personen (und ich gehe mal davon aus das es sich bei Quaggan um eben solche handelt) das gleiche Maße Respekt schuldet wie einer tatsächlichen Person – oder anders gefragt: „Vorausgesetzt, der Weihnachtsmann ist ausgedacht, wäre es ethisch vertretbar ihn dann zu essen?“

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